Göttingen: »Endlich mal was Positives« auf der Bühne. Und ich auch – aber eigentlich nicht.

Wenn man sich selbst erstmalig auf der Bühne sieht, ist das im ersten Moment befremdlich. Denn da steht jemand, spielt dich und deine Geschichte, nutzt deine Worte, deine Gefühle … und ist doch so ganz anders.

Foto: NICHTnurTheater – übernommen vom Instagram-Account Diana Margolina

Mir war bewusst, dass es ungewöhnlich sein würde, wenn ich dem Theaterstück »Endlich mal was Positives« auf Basis meines gleichnamigen Buches beiwohnen würde. Gestern, am 15. Oktober, war es der Fall. Die Premiere zwei Tage zuvor hatte ich verpassen müssen – schließlich war ich da noch im Erzgebirge zu HIV-Präventionsveranstaltungen unterwegs gewesen. Aber auf dem Rückweg nach Berlin machte ich einen Abstecher über Göttingen, holte einen Freund, der extra aus Berlin gekommen war, am Bahnhof ab und trabte mit ihm zum NICHTnurTheater, einem kleinen, kuschligen Raum mitten in der Stadt. Dort warteten Fabio Rocchio, Regisseur und Darsteller meiner Person, und seine Bühnenpartnerin Diana Margolina, um mich – etwas aufgeregt – zu empfangen. Wie würde ich reagieren? Was würde ich zur Interpretation des Buches sagen?

War ich bis kurz vor Göttingen noch die Ruhe selbst, so verschwand die Gelassenheit umso mehr, je weiter sich der Uhrzeiger der 15-Uhr-Marke näherte. Und nun war ich es, der aufgeregt war: Wie würde ich reagieren? Würde ich mich wiederfinden? Wäre es noch ›meine‹ Geschichte?

Um ehrlich zu sein: Als es losging, fremdelte ich ein wenig. Ich musste diese ungewohnte Erfahrung erst einmal zulassen, dass sich da jemand meiner Geschichte und damit eines Teils meines Lebens bemächtigt hatte. Doch das Fremdeln dauerte nicht lange – schon bald war ich gefangen genommen und fand mich mitten im Stück, mitten in meinem Leben wieder. Die Zeit vor 30 Jahren, mit der meine HIV-Geschichte beginnt (und nicht nur die), war wieder präsent und lief – man verzeihe mir die Floskel – wie ein Film vor meinen Augen ab. Natürlich war vieles gekürzt, etliches verändert und einiges hinzugefügt worden – aber es war doch immer noch ›ich‹, der sich da auf der Bühne wand, stotterte, verdrängte, sammeln musste und doch eigentlich nur leben wollte. Und ohne zu spoilern: Am Ende standen mir Tränen in den Augen.

Es war bewegend, anrührend, witzig, nachdenklich … eben alles das, was Leben – und auch Theater, insbesondere das Off-Theater – ausmacht.

Es war intensiv, aussagekräftig, laut, leise, heftig – kurz: ein Erlebnis im besten Sinne. Eine spannende, tolle Bühnenfassung. Und eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte.

Danke Fabio! Danke Diana! Ihr wart klasse!
Danke an Musik, Licht und alle, die das ermöglicht haben.

Und so ist nach Buch und Hörbuch auch die Bühnenfassung für mich … »Endlich mal was Positives«.

Ort:
– NICHTnurTheater, Johannisstraße 27, 37073 Göttingen

Termine:
– Premiere war am 13. Oktober 2022. Weitere Aufführungen folgen am 16.10. (15 und 19:30 Uhr), 20.10. (19:30 Uhr ), 21.10. (15 und 19:30 Uhr) und am 22.10. (19:30 Uhr).

Reservierungen:
– Telefon: 0551/29 34 15 43
– eMail: nichtnurtheater@web.de

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